Von Gert G. von Harling
Allzeit guten Anblick hatte mal eine andere Bedeutung
Jagd mit Erfolgsgarantie - Es lebe das edle Waidwerk!
Die Spannung, ob und wann Wild austritt, die Erwartung, wenn es in der Nähe bricht, die Anspannung, wenn Laute nicht sofort identifiziert werden können, beflügeln die Fantasie des Jägers und verursachen Jagdfieber. Erwartungen und Vorfreude auf der Jagd steigen mit der Ungewissheit. Warten auf durch Drohnen sicher geortetes Wild hat Parallelen mit eingestellten Jagden. Sitzt der Jäger nur kurze Zeit am Feldrand und weiß er bereits, wo wie viele Sauen stecken und wann sie die Deckung verlassen werden, ist die (An-)Spannung nicht so groß, wie zwei Stunden ungewisses Lauern, Zweifeln, Hoffen.
Die Erlegung eines Bockes nach anstrengenden Pirschgängen bleibt in der Erinnerung länger haften als der "kunstlose" Abschuss eines am Wildacker vom Jagdaufseher Bestätigten vom Hochsitz aus. Bei Dunkelheit auf ein erleuchtetes Display zu zielen ist einfacher, als am Tage Wild anzupirschen und über ein herkömmliches Absehen zu schießen. Die Devise lautet aber neuerdings auch auf der Jagd: „Bequem, schnell und möglichst effektiv Beute machen“, keine (selbst auferlegte) Enthaltsamkeit – möglichst wenig Anstrengungen. Ist etwas ohne große Mühe verfügbar, verliert es allerdings seinen Reiz.
Wenn es Jägern aber darum geht, die Natur auf eigenen Sohlen und nicht durch das Fenster des Geländewagens zu erfühlen, wenn es darum geht, einen Bock oder Hirsch anzupirschen, um ihn auf dreißig Gänge zu erlegen und nicht mit einem weiten "Kunstschuss" zu töten, wenn es darum geht, eine Rotte Sauen am Tage in der Dickung oder im Getreide anzugehen und nicht nachts durch die Luke einer isolierten Schlafkanzel zu beschießen, ist das tatsächlich „Jagen“.
Einen erfahrenen Fuchs zu überlisten, bei klirrender Kälte auf Schrotschussentfernung heranzureizen, ist Jagd. Spielende Jungfüchse vor dem Bau zu liquidieren hat mit Jagen wenig gemein verdient das Prädikat Wildbewirtschaftung. Wild bejagen und Wild bewirtschaften, kein feiner, ein grundlegender Unterschied. „Fair Play“ nennt man es im Ausland, die Angelsachsen bezeichnen es als im Sinn von Fairness als „good sport“.
Vom Jäger alter Schule zum emotionslosen Vollstrecker
Wenn wir das „Edle Waidwerk“ in all seinen traditionellen Facetten erhalten und das Jagen nicht verlernen wollen, müssen wir wieder "zurück zur Natur", müssen wieder lernen, unsere Sinne zu gebrauchen. Dazu müssen wir uns technisch auf das Wesentliche beschränken, statt über pro oder contra Geländewagen, Hochrasanzkaliber, Lichtstärke und Dämmerungsleistung, beleuchtete Zielhilfen usw. zu diskutieren.
Dass mehr Wild zu Holze geschossen wurde als noch mit offener Visierung gejagt wurde, ist übrigens eine Unterstellung derjenigen, die nicht gelernt haben, ursprünglich zu jagen, zu sehen, zu riechen, zu fühlen, zu hören, zu lauschen, zu pirschen und zu kriechen. Und das führt zu erschreckenden Auswüchsen.
Ich habe mich in Masuren für einen deutschen Gast mit einer Wärmekamera geschämt, der in der Brunft nicht bereit war, mit mir einen rufenden Hirsch anzugehen, sondern stattdessen in stockdunkler Nacht das Rotwildrudel am Feldrand erwartete und den Platzhirsch schoss.
Zwei frischgebackene junge Jäger in Ostfriesland erzählten mir begeistert, dass sie mit ihren Geländewagen über die Viehweiden fahren, mit der Wärmebildkamera Hasen in der Sasse suchen und erschießen - effektiv und kaum Fehlschüsse! Außerdem sei es einfacher, so wurde mir erklärt, peu à peu einige wenige Hasen zu vermarkten, als einmal im Jahr die große Strecke einer aufwändigen Treibjagd.
Ein junger Berufsjäger in der Lüneburger Heide erzählte mir, dass er für seinen Arbeitgeber, Pächter einer Rotwildjagd, jeden Freitagmorgen das Revier mit einer Drohne abfliegen lassen und das Ergebnis ins Büro in der fernen Großstadt melden muss. Nach dem Bericht wird entschieden, ob sich am Wochenende eine Fahrt ins Revier lohnt.
In einem Hegering in der Südheide vollbrachten Waidmänner eine beachtliche Leistung: Fast jedes Jahr lagen ein Hauptschwein, in Ausnahmefällen auch mal zwei (es gab noch den Begriff „Lebenskeiler“) auf der Strecke. Seitdem manche der Herren Nachtsichttechnik einsetzen, sind es jährlich vier, fünf oder gar mehr, längst nicht immer reife Keiler.
Doch damit nicht genug. Gänsejagd in Schleswig-Holstein. Als die Schützen ihre Stände bezogen hatten, stieg eine Drohne auf, kreiste „versehentlich“ auch über benachbarte Reviere und schreckte zahlreiche Gänse und Schwäne auf, die dort seit Wochen die Felder bevölkerten. Die Vögel verließen in Panik ihre Ruhe-/Äsungsplätze, strichen in die Nachbarjagden, und ein Großteil von ihnen kam bei dem einfallsreichen Jagdherrn zur Strecke.
Ein dreifaches Horrido!