Von: Volker Seifert

Naturschutz ist für den Jäger ein Thema. Und das nicht nur, weil der Jäger sich in und mit der Natur beschäftigt. Naturschutz,als unterstellt eigenständiger Wert, ist eine moderne Erfindung. Erst mit dem Auftreten und der Wahrnehmung der ökologischen Krise, Ende der 60er Jahre,

wurde die Natur als eigenständige Qualität erfahren und die BegrifflichkeitNaturschutz oder seine Öko-Bindewort-Ableger gerieten in das öffentliche Interesse oder erschienen sogar als das Gute schlechthin.

Es verwunderte denn auch niemanden, als der Versuch unternommen wurde, mit dem Slogan „Jagd ist angewandter Naturschutz“ die Akzeptanz der Jagd bei der nichtjagenden Bevölkerung zu steigern. Naturschutz und „Öko- „scheinen als nicht zu hinterfragende Qualität, die jedoch einer ideologischen Überforderung und begrifflichen Indifferenz ausgesetzt sind.


Nur in wie weit stimmt das? Ist der Jäger wirklich Naturschützer? Und was wird vor wem geschützt? Welches Naturverständnis dürfen wir
voraussetzen? Warum ist es überhaupt erstrebenswert oder geboten Natur zu schützen und in welchen Umfang? Und warum wird der Jägerschaft das vielumworbene Prädikat „Naturschützer“ von Einigen abgesprochen? Der Kern und vor allen Dingen der Umfang der Naturschutzproblematik steckt in der Frage, ob die Natur nichts anderes ist als eine Ressource für den menschlichen Gebrauch, ein Instrument zur Bedürfnisbefriedigung, die gegebenenfalls besser verwaltet werden muss, oder ob der Natur ein eigenständiger Wert zukommt? Ersteres ist die Position des Anthropozentrismus (griechisch: anthropos = Mensch; der Mensch mit seinen Bedürfnissen steht im Zentrum) und Letzteres die des Physiozentrismus (griechisch: physis = Natur; die Natur steht im Zentrum).


In § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 25. März 2002 werden beide Aspekte herangezogen: „Natur und Landschaft sind auf Grund ihres
eigenen Wertes und als Lebensgrundlage des Menschen (...) zu schützen (...)“.

Aber was ist das Ziel des Naturschutzes? Was ist Natur? Die Etymologie des Begriffs „Natur“ gibt einen ersten Ansatz einer Definition. „Natur“ leitet sich vom lateinischen „nasci“ ab, welches die Bedeutung „geboren werden“, „entstehen“, „entwickeln“ hat. Natur kann somit bestimmt werden als dasjenige in unserer Welt, was aus sich selbst entstanden ist und sich verändert. Natur ist somit die Gesamtheit der Dinge, die selbst gewachsen und in ihrer Entwicklung durch innere Faktoren bestimmt sind. Dies ist auch das Bindeglied der Natur zum Menschen. Wobei der Mensch in der Lage ist, die Natur – mittels Technik – seinen Bedürfnissen anzupassen. Und Technik kann verstanden werden als die Anwendung,
Realisierung von Wissen. Aber der Mensch erschafft keine neue Natur, er umformt nur die bereits vorgefundenen Dinge. Reine Natur auch und gerade in Bezug auf die Jagd. (Gegebenes ohne menschliche Einflussnahme) und reine Künstlichkeit (Geschaffenes unter menschlicher Kontrolle) sind Idealvorstellungen, die in der menschlichen Wirklichkeit nicht vorkommen. Sie bilden auch keine wesensmäßige Differenz, sondern nur eine graduelle, z.B. ist eine Landschaft mehr oder weniger menschlich gestaltet, selbst ein Auto ist in seinen Bestandteilen noch ein Naturprodukt.

Jedes Verhalten – nicht nur menschliche Handlungen – sind Naturverbrauchend und dies ist nicht wertend zu verstehend, sondern als wert-
neutrale Feststellung. Naturschutz wäre also das völlige Unterlassen von Handlungen oder die Abwägung der einzelnen Handlungen und der
damit verfolgten Ziele unter dem Gesichtspunkt der Folgenabschätzung. Wobei die Überbevölkerung die Problematik verstärkt.

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