Von Gert G. von Harling

Allzeit guten Anblick hatte mal eine andere Bedeutung

Nicht alles, was technisch möglich ist, ist ethisch vertretbar

Schon Hermann Löns hatte Angst vor der Über Technisierung der Jagd, befürchtete, ihre Ursprünglichkeit und ihr Zauber gingen verloren, und Ortega y Gasset schreibt: „In der Begegnung von Mensch und Tier gibt es eine feste Grenze, wo die Jagd aufhört, Jagd zu sei,n und zwar eben dort, wo der Mensch seiner ungeheuren technischen, also rationalen Überlegenheit über das Tier freien Lauf lässt. Ein guter Jäger wird vor der Tötung eines jeden Lebewesens Zweifel haben und die Stimme seines Gewissens hören. Außerdem sind Jäger besonders zur Moralität gezwungen, da sie ihrem Handeln Grenzen setzen müssen. Tun sie das nicht, vernichten sie das Wild und dessen Lebensräume, schaffen sie sich selbst ab“. Der spanische Philosoph sagte ebenfalls, dass es dem Sportsmann, also dem Jäger, überhaupt nicht um den Tod des Tieres geht, sondern vielmehr darum, was er unternehmen muss, um ihn zu erreichen: „Ich töte, um gejagt zu haben“, aber da widerspreche ich dem großen Philosophen. Ich muss nicht unbedingt töten, um gejagt zu haben. Für mich kann ein Jagdtag, ein Ansitz oder eine Pirsch auch erfolgreich gewesen sein, wenn ich nichts geschossen habe. Ich kann auch gejagt haben ohne zu töten und erzwinge meinen Jagderfolg nicht, in dem ich ihn der Technik überlasse, sondern setze mich körperlich, geistig, mental ein, auch wenn das Ziel dann nur unter Strapazen oder gar nicht erreicht wird. Es ist schließlich befriedigender, eine größere Herausforderung, sich mit wenigen Hilfsmitteln zu beweisen. „The hunt starts within the last thirty yards,“ sagt man in England.

Jagdliche Dilettanten verlassen sich statt auf ihre Sinne auf Ingenieurswissen wie Soldaten im Krieg, unterscheiden nicht zwischen technischem Töten und der „Hohen Kunst des Jagens“. Sie wollen Strecke machen, zeitsparend, bequem, kunstlos, ohne Rücksicht auf und Mitgefühl für das Wild. Dafür benötigen sie neben allerlei Assessoirs lediglich eine Portion Sitzfleisch und entsprechende finanzielle Mittel. Sie sind ohne Hilfen, die früher dem Militär, dem Krieg, der Verbrecherbekämpfung vorbehalten waren, überfordert, den Abschuss auf waidgerechte Art zu erfüllen. Jagen verkommt zur Konkurrenz mit anderen Freizeitaktivitäten in der Natur und zu einer Beschäftigung ungeduldiger Technikfreaks.

 

Die Zukunft der Jagd – die Jagd in der Zukunft

Das Ziel einer Jagd sollte nicht sein, Gäste zu bespaßen ihretwegen viel Wild frei zu geben und zu schießen. Drückjagten dürfen nicht in gesellschaftliche Vergnügungen abgleiten, auf denen derjenige, der am meisten geschossen hat, als Jagdkönig geehrt wird. Hohe Strecken tragen nicht immer zu Respekt, Dankbarkeit und Wertschätzung bei, außerdem ist ein guter Schütze nicht immer auch ein guter Jäger. Ein energischer Abschuss von Schalenwild mag aus waldbaulichen Gründen erforderlich sein, aber Wildtiere sind kein Privateigentum der Forstwirtschaft, sie sind allgemeines Kulturgut und haben eine Lebensberechtigung, die länger ist als die des Menschen.

Wilduhren und -kameras (für wenig Geld beim Discounter angeboten), sind für viele Revierinhaber eine Selbstverständlichkeit. Kaum eine Kirrung wird nicht Tag und Nacht beobachtet. Wechsel, Wildschadensflächen, Wildbrücken, Ansitzeinrichtungen, Fallen, Äsungsflächen u. v. m. werden so bequem überwacht. In der Forschung ist das Monitoring von Luchs, Wolf oder Wildkatze ohne Kameras kaum noch denkbar. Auch zur Verfolgung von Straftaten (Holzdiebstahl, Wilderei, Sachbeschädigung) können Kameras Beweismittel liefern. Kurzum: Für Jäger des 21. Jahrhunderts sind Kirrungen und Kanzeln, Wilduhren und Wärmebildkameras selbstverständlich. Die junge Generation wächst mit ihnen auf, jagt weniger mit naturgegebenen Mitteln. Statt auf Sinne und Gefühle, vertraut sie der Technik, verlässt sich auf mechanische Windprüfer und Navigationsgeräte - Ballistik ist in, Biologie out.

Fährt man durch deutsche Lande, trifft man auf wohl beschickte Wildäcker, hohe, geschlossene Kanzeln sowie Salzlecken, an denen das Wild in dunkler Nacht erwartet wird. Die Jagd ruht nicht mehr an künstlichen Suhlen, Ablenkfütterungen und Wildäsungsflächen, Wildäcker - Ruhe- und Äsungszonen für das Wild, an denen nur in Ausnahmefällen geschossen wurde, mutieren zu Schießsportplätzen, Kirrungen und Äsungsflächen zu der Überlegung des Jägers: was frisst mein Wild am liebsten?

Taktik, Naturverständnis, Einfühlungsvermögen, Moral und Instinkt sind nicht in dem Maße gefragt wie früher. Es wird nicht mehr mit eigenen Sinnen, sondern mit fremden Hilfsmitteln gejagt. Durch Einzug von Hightech in das Jagdwesen können demnächst Angestellte des Ordnungsamtes ohne ein „Grünes Abitur“, ohne Jagdschein und ohne Jagderfahrungen problemlos unseren Job erledigen, wir machen uns selber überflüssig.