Von Gert G. von Harling
Allzeit guten Anblick hatte mal eine andere Bedeutung
Nachtsuche statt Nachsuche
Manche technischen Neuigkeiten haben sich bereits auf unser jagdliches Wertgefüge ausgewirkt und es entwertet. Das Ergebnis mangelhafter jagdethischer Ausbildung und Erziehung in unserer verstädterten Gesellschaft, dazu gehört auch der Irrglaube, Hunde könnten durch Technik ersetzt werden, ist eine Verrohung im Umgang mit der Kreatur. Als Schweißhundführer kann ich ein Lied davon singen.
Durch ein leistungsstarkes Wärmebildgerät wird Schweiß in der Dunkelheit sichtbar, wodurch sich eine Wundfährte bei bestimmten Temperaturen selbst nachts durch dichten Bewuchs verfolgen lässt. Bei einer kurzen Totsuche mag das hilfreich sein, verantwortungsvolle ist, einen Hund zu Hilfe zu holen. Totsuchen sind für jeden Schweißhund und seinen Führer immens wichtig. Besonders für junge Hunde ist der Erfolg einer Nachsuche am Anfang seiner Ausbildung prägend für sein späteres „Arbeitsleben“.
Wird das Stück aber aus dem Wundbett hochgemacht, muss der Hund die Ungeduld des Schützen ausbügeln.
Nachsuchen fallen dadurch nicht mehr nur nach Vollmondnächten an, sondern vermehrt in der Neumondzeit. Das Problem ist dann nicht, wie so oft, dass vorher erfolglos mit einem Hund gesucht und alles vertreten wurde, sondern dass der Schütze das Wild mit einer Wärmebild Kamera verfolgte und aufmüdete. Eine schwierige Hetze ist dann programmiert.
Mitte Mai rief ein Jungjäger an, er habe im letzten Büchsenlicht einen Rotspießer beschossen, ob ich mit meiner Hündin helfen könne. Nach 80 Gängen Riemenarbeit lag ein Kolbenhirsch vom 6. Kopf – Nachtzieltechnik!
Ende April meldete ein junger Jäger eine Nachsuche auf ein Schmalreh. Nach 50 Schritten knieten meine Hündin und ich an einer Ricke. Als ich sie aufbrach, spritzte mir aus dem prallen Gesäuge die Milch entgegen – Nachtzieltechnik!
Mit einem anderen Schützen stand ich nach einer kurzen Totsuche neben einer Bache, die mehrere Frischlinge geführt hatte. „Einen von ihnen habe ich noch bekommen, der macht wenigstens keinen Schaden mehr,“ musste ich mir von dem stolzen Herrn im grünen Rock anhören – Nachtzieltechnik!
Ein befreundeter Hundeführer wurde gebeten, einen in der Nacht auf einem abgeernteten Maisacker beschossen Frischling oder Überläufer - „so genau konnte ich das nicht erkennen“ beichtete der Schütze – nachzusuchen. Den Anschuss verwies der Hund über 50 Meter weiter als vermutet. Der Schütze hatte sich durch seine Wärmebildtechnik nicht nur in der Stärke (nach über 200 Metern lag ein dreijähriger Keiler) auch in der Entfernung der beschossenen Sau täuschen lassen. – Nachtzieltechnik!