Von Volker Seifert

Zwischen den Zweigen,
ein Aufblitzen von Rot,
ein Schimmer im Laub.
Der Park erwacht,
und sie sind schon da,
kleine, flüchtige Schatten,
die den Rand des Morgens bewohnen.

Auf der Bank bleibt jemand stehen.
Ein Vater vielleicht,
mit Kind an der Hand.
„Schau nur, wie verspielt sie sind.“
Das Lächeln in den Stimmen
nimmt nichts wahr außer Leichtigkeit.
Ein Wirbel, ein Sprung,
ein borstiger Schwanz,
der sich wie ein Gedanke ins Licht biegt.

Doch das Spiel ist kein Spiel.
Es ist Hunger,
der sich in Bewegung bricht.
Es ist das unermüdliche Tasten
nach Vorräten,
nach etwas, das reicht
für den einen Tag mehr.

Dort, in der Astgabel,
wo das Nest verborgen liegt,
ein leises Knistern.
Die Pfoten greifen,
finden, was weich ist,
was warm gewesen war.
Ein Ei, weiß gesprenkelt,
ein Leben,
das nie Leben sein wird.

Die Schnauze zittert,
die Schale bricht.
Proteine für den nächsten Sprung,
für den nächsten kalten Morgen.

Die Menschen sehen es nicht.
Sie sehen nur das,
was in ihren Blick passt:
das flinke Tasten,
das Kratzen im Laub,
die Anmut in den Bewegungen.

Aber Anmut kennt keine Gnade.
Die kleinen Körper
gehören dem Hunger,
nicht der Schönheit.

Und während die Stimmen weiterziehen,
das Kind vielleicht ein Bild im Kopf,
von einem Tier,
das es liebt,
beißt irgendwo ein Schatten
in die warme, weiche Zukunft
eines Vogels,
und springt dann weiter,
als wäre nichts geschehen.