Von Dr. Georg Urban

Vortrag gehalten vor dem Rotary Club, Hamburg

Vortrag: Jagdethik – kontrovers

  • Freude über und Dank für die Gelegenheit hier vortragen zu können.
  • Mein Thema fügt sich ein in das Oberthema NATUR – GEWALT – MENSCH, (in beiden Richtungen zu lesen). Es ist gerade für Großstädter von zunehmender Relevanz: Umweltpolitik steht im Wettstreit um unsere Aufmerksamkeit und um unsere Budgets gegenüber Themen wie ENERGIE, SICHERHEIT, WIRTSCHAFTSKRAFT.
  • Aber auch für den Einzelnen, gerade für einen Jäger, kann es hohen Stellenwert haben: anerkennende aber auch kritische Sicht auf ihn in Familie und Gesellschaft, sein kostspieliges freiwilliges Engagement, sein manchmal als arrogant gesehenes Verhalten…

Gern möchte ich ein Kompendium von Überlegungen dazu darstellen

Ein Blick in die Historie zeigt einstige Bedeutung und abnehmende Relevanz

  • Jagen ist uralt. Zweck war der Nahrungserwerb. Zweck war Selbstschutz vor stärkeren Tieren
  • Jagen wurde zum wesentlichen Beitrag bei der Menschwerdung - über den tierischen Ursprung hinaus: Ersatz physischer Unterlegenheit durch geistige Überlegenheit: es bildete sich Gehirn/“Vernunft“. Und des weiteren: ein Ersatz der Nahrungsquelle Wildfleisch durch Haustierhaltung.
  • Der moderne Mensch hat sich von der Notwendigkeit des Jagens verabschiedet. Die Tendenz bei jungen Jägern ist, Jagen als eine Sportart wie Golfen zu sehen – nicht mehr als ganzheitliche gesellschaftliche Verpflichtung

Dennoch schreibt das Bundesjagdgesetz die Jagd vor – zur Artenerhaltung und zum Zweck der Schadensabwehr für den Menschen

  • zur Vermeidung von Feldschäden (Sauen, Schadensersatz an den Bauern, nicht versicherbar),
  • von Waldverbiss (Rehe; Wald vor Wild, Zahl vor Wahl)
  • und von Krankheitsübertragungen (Tollwut, Vogelgrippe, Afrikanische Schweinepest…).

Zugleich geben die Gesetze aber den Jägern enge Grenzen vor!

Die Landesjagdgesetze geben eine Fülle von Umsetzungsvorschriften vor: Ende des „freien Wildbretschützen“!

sind aus diesen m. Es. klugen Grundsätzen entstanden, in jedem Bundesland abweichend (Jagd ist Landesrecht, an den Bodenbesitz gebunden, mit Mindestflächen, die nur zusammenhängend verpachtbar sind von 75 ha). Das sind praktische Regulierungen - Verbote und auch Gebote - insbesondere bezüglich

  • Jagdtiere (Schalenmodel, z. B. Wolf, Biber, Kormoran),
  • Jagdzeiten (Monate, Tageszeiten),
  • Waffenrechtlichen Vorgaben: Technik, Sicherheit, Registrierung und Aufbewahrung (Waffenrecht ist als einziges Bundesrecht; ein Jäger ist einzig ein legaler ziviler Waffenträger),
  • Hygienevorschriften u.v.a. (Forderung der Grünen Partei nach vollständiger Verwertung)

Einheitlich und besonders wichtig sind die Kern-Vorgaben zur Ethik des Jagens, abgeleitet aus

  • dem Grundgesetz Art 20a die Verpflichtung zur Artenerhaltung,
  • dem Tierschutzgesetz die Verpflichtung zur Schmerzvermeidung
  • und aus Naturethischen Erkenntnissen zu einer „Waidgerechtigkeit“ - als unscharfer Rechtsbegriff (Kitz vor Muttertier, Hetzjagdverbot, Jagdhundzugriff…)

Von dem Jägerlied von Hermann Löns von etwa 1900 ist nicht viel übrig: „Ich bin ein freier Wildbretschütz und hab ein weit Revier, soweit die braune Heide reicht gehört das Jagen mir“.

Der Jäger von heute ist eingeengt in scharfe Gesetze, aber auch in unpräzise Ethikvorgaben, in Aufforderungen mehr zu schießen (Bauern, Förster) oder weniger zu schießen (Tierfreunde aller Art). Letzteres wegen des Jagd-Unverständnisses einer naturfernen verstädterten Bevölkerung. 500 T Jagdscheininhaber in D bei 9o Mio Einwohnern sind eine kleine Minderheit von ½ Prozent. Leider dünken einige von ihnen sich elitär und verhalten sich auch so - in Verkennung der Tatsache, dass 99 ½ Prozent in unserem demokratischen Wahlsystem das Fortbestehen des Jagens „Länder-weise“verbieten können.

Warum unterziehen sich Jäger einer solchen konfliktären (und teuren) Passion?

Als Motive gelten

  • Freude am Archaischen der Jagd
  • Freude an der Natur – und diese zu überlisten – aber Verantwortung für den Artenerhalt zu haben
  • Freude an der Herausforderung für Körper, Sinne, Schießkunst
  • Und für Einige vielleicht auch: in der Öffentlichkeit zu stehen, am Stammtisch - besonders auch den Damen - imponieren zu können –
  • oder gar sadistische Freude am Töten zu haben. Dies gilt eher als Ausschlusskriterium! Ortega y Gasset, der erste jagende Philosoph schrieb in seinem Buch „Meditationen über die Jagd“: „der Jäger jagt aus Freude am Jagen und tötet als Abschluss ein Tier. Eine Freude nur zu Töten ist sadistisch und unweidmännisch“.

Diskussion zur ethischen Kernfrage über das Töten von Tieren

  • In der Natur ist Töten ein Lebensprinzip
  • Der Mensch als „oberster Prädator“ nimmt ein Naturrecht wahr - und setzt sich seine Grenzen beim Erhalt einer Population, nicht eines Individuums
  • Er sieht das Tier als empfindsames Mitgeschöpf an. Es fehlt diesem aber eine Vernunftbegabung (Vorausschauen, abstraktes Denken) und vor allem fehlt ihm ein transzendentes Bewusstsein: der Geist. Beim Menschen hat der Geist sich wahrscheinlich mit dem ersten Todeserlebnissen gebildet. Diese Mensch - Tier Unterschiedsdiskussion ist altes Fehdegebiet der Philosophen; insbesondere seit Schopenhauer ist es thematisiert und durch Singers „Animal Liberation“ verbreitet. Die Kirchen stehen für die Einzigartigkeit des Menschen, es gibt keine Tiertheologie. Wir Jäger morden nicht einen Bruder, wir töten ein Tier. So sind wir menschliche Tiere, die Tiere aber sind nicht-menschliche Tiere. So kennen auch unsere Gerichte keine Tierrechte, wohl aber den Tierschutz (s. die abgewiesene Klage der Nordseerobben gegen das Land Niedersachsen)
  • Diese halbe Prozent Jäger in der Bevölkerung trägt diese Diskussion. Keinem Bauern oder Schlachtermeister wird sie zugemutet, obwohl dort nicht einmal von schmerzfreier Haltung, Transport und Tötung (letzteres im Gegensatz zum Jäger) ausgegangen werden kann.

Tue Gutes und rede darüber“

Abschließend möchte ich betonen, wie wichtig es ist, vor dem Gesetzgeber, vor der Öffentlichkeit und vor dem eigenen Ich ethisch anständig zu jagen. Die vielen Angriffe besonders in den Social Media gehören mit Klugheit in den gleichen Medien beantwortet; dies tue ich in einer überregionalen Vereinigung „Forum Lebendige Jagdkultur“- verantwortlich für Digitalisierung.