Von Joachim Orbach
Bekanntlich stellen unsere Vorstehhunde - wie u.a. der Deutsch Drahthaar - den größten Anteil der im Jagdbetrieb geführten Jagdhunderassen und das hat mit Sicherheit auch was mit der Entwicklung des Jagdgebrauchshundwesen und der vielseitigsten Verwendung dieser Hunde zu tun. Sie werden bekanntlich daher auch als Vollgebrauchshunde bezeichnet.
Es war kein anderer als der Initiator des deutschen Jagdgebrauchshundwesen und Namensgeber der Hegewald-Zuchtprüfung nämlich „Hegewald“, Sigismund Freiherr von Zedlitz und Neukirch ( 24.5.1838 -8.7.1903 ) der bereits 1881 definierte was der Gebrauchshund als vielseitiger Jagdhund zur Jagd überhaupt leisten soll.
Wenn man in der heutigen Zeit so manche Experten reden hört, so brauchen wir für unsere „überwiegend großen“ Jagdreviere reine Spezialisten. Ja sogar neue unbekannte Rassen oder Kreuzungszüchtungen brauchen wir - hat ja nicht jeder. Bei einigen Experten soll der Jagderfolg ja sogar gesteigert werden, wenn sie einen sogenannten Spezialisten an der Leine haben und diesen vom Stand aus schnallen können. Fragt man dann noch einmal nach, wie es mit den tatsächlichen Einsatzmöglichkeiten für den ausgewählten Spezialisten so aussieht, so bekommt man oftmals verblüffende Antworten. Auch hat die Realität denn oftmals doch so manchen dieser Experten eingeholt. Bekanntlich braucht z.B. ein Schweißhund –abgesehen von den Anforderungen an den Führer- eine entsprechende Einarbeitung und eine bestimmte Anzahl von Nachsuchen um auf einen entsprechenden Leistungsstand zu kommen bzw. zu bleiben. Oder auch z.B. Bracken brauchen entsprechend große Reviere. So sagte vor einiger Zeit ein guter Bekannter zu mir: „Was nützen mir 2 – 3 km Hasenspur, wenn mein Hund sich nicht abpfeifen lässt und überfahren wird.“ Spätestens hier fallen mir immer Hegewalds Worte ein, die ich dem Leser nicht vorenthalten will, obwohl seit dieser Zeit sich in den Revieren in Deutschland und in einigen anderen Ländern so Einiges geändert hat.
„ Der Gebrauchshund soll, wie sein Name schon andeutet, Eigenschaften des Blutes besitzen, die ihn für möglichst vielseitigen Gebrauch geeignet erscheinen lassen. Er soll, wenn auch nicht mit der eleganten Vollkommenheit und Meisterhaft reiner, unverdorbener Vorstehhunde, so doch zu Zufriedenheit, emsig und aufmerksam, weit oder kurz, wie es der Jäger haben will, suchen und bei der Suchjagd fest vorstehen, besonders Waldschnepfen, Birkwild, Waldhasen, Kanickel und auf Waldkulturen usw. verstrichene Feldhühner, oder kluge, im Holz ausgebrütete Wald – Rebhühner. Er muss ein zuverlässiger Lückenbüßer auf der Suchjagd da sein, wo Feldparzellen und trockene oder nasse Wiesen in die Waldungen eingesprengt sind. Er soll als unverwüstlicher Wasser „Spaniel“ ( Wasser „Stöberer“ ) Dienste auf der Entenjagd verrichten. Er muss als Land „Spaniel“ ( Stöberer in Dickichten und Schonungen ) arbeiten, darf aber seinen vorzüglichen Appell nicht einen Augenblick
verlieren; wohl verstanden, er soll sich von jeder Fährte und Spur, namentlich der Rehfährte, sofort abrufen oder abpfeifen lassen.
Er muss nicht nur vorzüglich sicher und ohne zu knautschen edles Federwild und Hase apportieren, sondern er soll alles Niederwild, speziell aber auch Raubwild / Raubzeug, ohne geringste Bedenken mit Lust und Bravour dem Jäger schnell bringen.
Er muss außer gewöhnlichem Apportieren, was viele Hunde sehr leicht lernen, auch im Wege fachgerechter Dressur ( Abrichtung/ Ausbildung ), erleichtert durch natürliche Anlagen unbedingt zuverlässig „Verloren-Apportieren“. Ich mache einen gewaltigen Unterschied zwischen Apportieren und Verloren-Apportieren und betrachte letztere Kunst als eigentliche Haupttugend, welche beim Gebrauchshund für die Jagd nie sorgsam genug ausgebildet werden kann. Der Fall, wie er fast immer an der Tagesordnung, dass ein kranker Hase oder Fuchs auf Nimmerwiedersehn in der Dickung verschwindet, muss in Zukunft dann zur Un- möglichkeit werden.
Er soll als Lückenbüßer in allen Revieren den Schweißhund vertreten, deren Wildstand nicht danach angetan ist, einen eigenen Schweißhund zu halten.“ ( Hegewald „ Der Gebrauchshund zur Jagd“, ( Paul Wolff-Verlag 1881 )
Selbst wenn in der Zeit nach Hegewalds Worten sich VIELES geändert hat, so möchte ich noch immer behaupten , dass unsere Vorstehhunde als vielseitige und gut – im Sinne Hegewalds - abgerichtete Vorstehhunde als Vollgebrauchshunde in vielen Revieren die geeignetsten Jagdhunde sind. Unsere Reviere befinden sich halt in einer von Menschenhand geschaffenen und veränderten Kulturlandschaft. So müssen wir uns bedingt durch den Straßenverkehr in vielen Revieren auch fragen, ob wir Hunde die weiträumig jagen und sich nicht abrufen oder abpfeifen lassen überhaupt noch einsetzen können? Auch dürfte die Reviergröße mit Wald-Feldanteil bei der Auswahl einer geeigneten Rasse eine Rolle spielen. Hier sollte man stets auch bedenken: Die Vielseitigkeit bei unseren Vorstehhunden spiegelt sich dann auch in bestandenen Anlageprüfungen und einer VGP als sogenannte Meisterprüfung wieder, denn bekanntlich hat keine andere Jagdhundeprüfung so viele Prüfungsfächer. Allerdings können diesen Hunden durch die vielseitige Verwendung auch Grenzen gesetzt sein – z.B. bei einer erschwerten Nachsuche. Aber auch da dürfte man sich keinen Zacken aus der Krone brechen, wenn man einmal einen Schweißhundführer ruft.
Nun möchte ich aber nicht mit diesem Artikel bei den Züchtern und Führern unser Spezialisten ( die zum Teil auch eine gewisse vielseitige Verwendung finden ) den Eindruck erwecken, diese Rassen seinen nun überflüssig. Das Gegenteil ist eher der Fall, aber diese Hunde gehören halt eben auch in entsprechende Reviere und Führerhände mit entsprechenden Einsatzmöglichkeiten – was insbesondere für unsere Schweißhunde und Jagende Hund gilt. Bedenken wir immer „unsere Vorstehhunde sind Vollgebrauchshunde“ und somit für Feld, Wald und Wasser geeignet, wenn sie entsprechend ausgebildet sind.