Von Rainer Schmidt-Arkebek
Jagdunfall mit tödlichem Ausgang?
So könnte die Malerei in der Höhle Lascaux, Südfrankreich, gedeutet werden.
Das Alter des Kunstwerkes beträgt ca. 15.000 bis 12.000 Jahre v. Chr.
Es zeigt einen waidwunden Wisent, einen erstarrten Menschen und einen Vogel, der als Sinnbild für die Seele des getöteten Jägers gedeutet werden könnte.
„Jagdunfall mit tödlichem Ausgang” ist der Titel meiner Version, in der ich die steinzeitliche Vorlage mit meiner Interpretation zusammenfüge.
Bei der Jagd auf Mammut, Bär oder Wisent war der Jäger diesen großen und starken Tieren körperlich ganz klar unterlegen. Dank ihrer Kommunikationsfähigkeit war es den Menschen u. A. möglich, diese wehrhaften Tiere als Gruppe bzw. als Rudel zu bejagen. Sein Erfindungsreichtum und seine Waffen ergänzten dabei die notwendigen Voraussetzungen. Die Jagd konnte durchaus, denn die Waffen hatten keine tödliche Wirkungskraft, in einem erbitterten und verzweifelten Kampf um Leben und Tod enden. Auch ein, dem Wildtier weit unterlegener einzelner Jäger oder auch eine Jägerin, waren bei einer Gruppenjagd schnell in Lebensgefahr, wenn sie der krank geschossenen Beute zu nahe kamen.
J. Ortega y Gasset schreibt in den „Meditationen über die Jagd”, erstmals erschienen 1944:
„Die wesentliche Ungleichheit zwischen Wild und Jäger schließt nicht aus, dass das verfolgte Tier den Verfolger in dieser oder jener Eigenschaft überlegen sein kann: dass es schneller oder stärker ist oder ein schärferes Auge hat. Immer wird jedoch in der Generalbilanz der Lebensgaben der Jäger dem Gejagten gegenüber im Vorteil sein. Die Jagd ist unabänderlich eine Tätigkeit von oben nach unten. So offenbart sich uns, ohne dass wir es suchten, in dem universalen Faktum der Jagd die Ungleichheit des Niveaus zwischen den Arten: die zoologische Hierarchie.”
Auf diese Weise befindet sich der Mensch einerseits am Ende der Nahrungskette und andererseits an der Spitze der zoologischen Hierarchie, dies nicht etwa auf der Grundlage seiner physiologischen Eigenschaften, wohl aber vermittels der von ihm, wie schon erwähnt, entwickelten Technologien und Waffen.
J. Ortega y Gasset fährt weiter fort:
„Jagd ist das, was ein Tier ausübt, um sich eines anderen, lebendig oder tot, zu bemächtigen, das einer Gattung angehört, die der eigenen vital unterlegen ist. Umgekehrt darf diese Überlegenheit des Jägers über das Wild nicht absolut sein, wenn Jagd möglich sein soll”.