Von Joachim Orbach

Wirtschaftsdenken und Ordnungsliebe haben in der Vergangenheit besonders den deutschen Wirtschaftswald aufgeräumt. Althölzer und Niederwald (1% in Deutschland), gerade für viele Tiere und Pflanzenarten natürlicher Lebensraum waren kaum noch zu finden. Doch wie so oft beschrieben waren / sind die Verhältnisse in vielen modernen Wirtschaftswäldern nicht so paradiesisch. Die natürliche Vielfalt musste oft genug eintönigen Forsten weichen, in denen nur eine einzige Baumart (bevorzugt die Fichte) steht bzw. stand. Hier sind alle Bäume gleich alt und sehr dicht gepflanzt.Dieser Wald hat halt eben auch keinen Platz für strauchreiches Unterholz, in dem zum Beispiel die Waldvögel ihre Näster anlegen können. So waren und sind u.a. viele der in Deutschland auf der „Roten Liste“ stehenden Vogelarten und andere Arten durch die Forstwirtschaft betroffen.

Seit es um das Waldsterben geht, seit der Wald in den Medien für Schlagzeilen sorgt, ist es an der Zeit sich Gedanken um den Wald der Zukunft zu machen – was man aber nicht ausschließlich der Forstwirtschaft überlassen sollte. Den Wald den wir in vielen Regionen gekannt haben wird es bedingt durch den Klimawandel so weiterhin nicht geben. Mir haben schon einige kleine Waldbesitzer gesagt: „Ich forste nicht auf sondern lasse den Wald so wachsen wie er will“. - da dürfte zukünftig auch für die oftmals von der Forstwirtschaft als Unkraut des Waldes verpönte Birke ein Platz sein. Wenn man es will, könnte man auch einen gewissen Prozentsatz der Waldfläche einer natürlichen Entwicklung ohne Holznutzungsambitionen überlassen - was man ggf. auch durch Subventionen in den Privatwäldern und insbesondere in den Landes- und Staatsforsten steuern könnte. Nicht jeder neue Wald muss ein reiner Wirtschaftswald sein! Hierzu ist aber ein Umdenken in der Forstwirtschaft und der Politik erforderlich.

(Bild: Hans-Henning Eisermann)

Naturnaher Wald ist ein Wald der Artenvielfalt!

phoca thumb l 023Bedenken wir, in unserer gewachsen Kulturlandschaft, die wir allerdings auch nicht in das Landschaftsbild z.B. von Kanada umwandeln können, werden nach der Meinung von Fachleuten oftmals die Ausweisung von Ruhezonen und Äsungsflächen ( einschließlich „Verbisshölzer“ wie zum Beispiel Aspe und Weide ) im Wald nicht genügend berücksichtigt. Aus tierschutzrechtlicher Sicht und aus ethischer Verpflichtung des Menschen gegenüber unserem Wild dürfte aber dieses unabdingbar sein. Nur wer dieses alles im Waldbau der Zukunft zu genüge berücksichtigt hat meiner Meinung nach das Recht - auch gegenüber den nachfolgenden Generationen - von einem naturnahen Waldbau zu sprechen. Denn mit abwechselungsreichen Nahrungsangebot und Ruhezonen im Wald dürfte es möglich sein, angemessene wiederkäuende Schalenwildarten zu bewahren ohne jedes Stück Schalenwild ( in der heutigen Zeit oft auch als verhetzter Knospenfresser bezeichnet ) das einem über den Weg läuft, gleich zu erlegen. Oder hätte ich schreiben sollen wie Schädlinge zu vernichten? Für diese Vorgehensweise dürfte sicherlich auch die breite Öffentlichkeit keinerlei Verständnis haben.

Bernd Krewer (1939-2020), Forstmann, Buchautor und Schweißhundführer: „Krieg in Deutschlands Forsten, die anspruchsvolle Jagd hat ihren Kompass verloren.“

Wenn es um den Waldbau geht stellt sich daher auch die Frage, ob Subventionen für den sogenannten naturnahen Waldbau immer richtig eingesetzt werden? Für den naturnahen Waldbau dürften sich sicherlich unterschiedliche Möglichkeiten anbieten, deren Erhalt bzw. Schaffung auch durch Subventionen gesteuert werden kann.Leider werden aber derartige Überlegungen meiner Meinung nach von der heutigen Forstwirtschaft und der Politik nicht genügend berücksichtigt.Hiermöchte ich zum Beispiel einmal den Niederwald mit seinen nachwachsenden Rohstoffen (Brennholz u. Hackschnitzel, Umtriebszeit alle 25 – 30 Jahre) als eine besondere Waldbetriebsart hervorheben. Nicht von der Hand zuweisen bietet dieser Wald beste Lebensgrundlagen für Flora und Fauna. Leider findet aber der Niederwald in der heutigen Zeit bei uns in Deutschland gegenüber anderer Länder noch zu wenig Beachtung. Der reine neue Wirtschaftswaldmit überwiegend anderen Baumarten als die Fichte steht halt eben auch im Fokus wenn es um den naturnahen Wald geht. Man muss aberauch eben einmal anderen Waldbetriebsarten den gebührenden Platz in unserer Kulturlandschaft einräumen.

Sicherlich dürfte es sich durch die Waldschäden in vergangen Jahren einiges ändern. Hier kommt es aber auch auf einen vernünftigen und abwechselungsreichen Waldbau und die Subventionspolitik an, die wiederkäuendes Schalenwild nicht als Schädlinge des Waldes betrachtet.

Fazit: Wir Jäger müssen uns aber auch als Anwälte des Wildes verstehen, wenn wir die waidgerechte Jagd erhalten wollen und nicht zu Schädlingsbekämpfer degradiert werden wollen. Insbesondere sollten daher meiner Meinung nach in Zusammenarbeit mit Wildbiologen und anderen Fachbereichen aber auch vernünftige Wege in der Forstwirtschaft aufgezeichnet werden, wo unserem Wild noch die Lebensgrundlagen zugestanden werden. Bedenken wir aber auch stets, dass Wildtiere in unserer oftmals naturfremden Welt auch Mitgeschöpfe als ein Teil unserer Kulturlandschaft und keine Schädlinge sind. Wo Wald, Wild und Mensch in Einklang gebracht werden sollen, kann daher die Devise nur „Wald und Wild“ und nicht „Wald vor Wild“ lauten.

Wenn wir als Jäger nicht nur Jagdscheininhaber sondern auch Jäger sein wollen, sind auch wir die Worte von Prof. Dr. Alexander Herzog (Tierarzt) zu bedenken.

„Wir haben nur Anspruch auf Ausübung der Jagd, wenn wir die Waidgerechtigkeit wieder voranstellen und den Schöpfer im Geschöpfe ehren.“